Naherholung und Naturschutz im Theißtal als Gegensatz zum Verkehr

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Hinter der Brücke lockt die Natur

Der Waldsee im Theisstal ist nicht nur ein leicht erreichbares Ausflugsziel, sondern bietet auch seltenen Vogelarten wie Eisvogel und Wasseramsel ein Rückzugsrevier. Fotos: Elmar Ferger

Die hohe Theißtalbrücke bei Niedernhausen kennt jede und jeder, der die Autobahn A 3 befahren hat. Der ältere Teil Auto(bahn)brücke ist durch einen neueren ergänzt worden, dazu kommt die Eisenbahnbrücke, auf der beispielsweise ICE verkehren. Die – eigentlich drei – Brücken überspannen das Theißtal, das ein auf den ersten Blick eher verborgener Schatz der Natur ist.

Passiert man als Fußgänger mit Startpunkt Parkplatz „Am Deußbach 4“ dem ausgeschilderten Hinweis „Vogellehrpfad“ folgend den Durchgang zwischen den hohen Brückenpfeilern, könnte man mit Blick nach oben fast von einer Art Kathedrale des Verkehrs sprechen, dessen Geräusche auch noch bis weit ins Theißtal hinein hörbar sind. Doch beim Blick in die Natur blendet man das schnell aus. In einer alten Militärkarte von 1819 (lagis-hessen.de) findet sich übrigens die Bezeichnung „Duls“ für den Theißbach, auch die damalige Pulvermühle ist dort verzeichnet. In späteren Flurstücknamen finden sich „Deuß“ und „Theiß“ als Gewässerbezeichnung.

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Leicht erreichbarer Startpunkt einer Wanderung ins und rund ums Theißtal ist der Vogellehrpfad, der am Parkplatz unter der Brücke beginnt.
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Die Räume unter den hohen Brückenpfeilern muten wie eine Kathedrale des Verkehrs an.

Das etwa fünf Kilometer lange Theißtal liegt westlich von Niedernhausen und erstreckt sich zwischen den Höhenzügen Rassel-Hahnberg und Hoher Wald-Hohe Kanzel. Die Theißbachquelle liegt im Bereich Kalter Born („Kalteborn“), der Bach fließt von West nach Ost in Richtung Niedernhausen. Der überwiegende Teil des Theißbachgrabens und umliegende Bereiche sind als Naturschutzgebiet, teilweise auch als FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) deklariert und entsprechend geschützt. Das bedeutet konkret, vorhandene, ausgeschilderte Wanderwege zu benutzen und nicht einfach quer durchs Gelände zu marschieren. Denn in dieser rund um den Bach teils sumpfigen Auenlandschaft und auch im weiteren Gebiet des Theißtals findet sich ein Lebens- und Rückzuggebiet für geschützte und seltene Tier- und Pflanzenarten. Nicht nur Wanderer, auch Landwirte haben sich an entsprechende Vorgaben zu halten – beispielsweise an Häufigkeit und Zeitpunkt der Mahd, um Blüten- und Samenbildung für Pflanzen und Tiere (vor allem auch Insekten) nicht zu gefährden.

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Fotos: Rostislav, mrjpeg, Christoph, Schmutzler-Schaub und Petair - AdobeStock

Bestes Beispiel hierfür ist der seltene Schmetterling Ameisen-Bläuling, der für seinen Fortbestand die hier wachsende Pflanze Wiesenknopf benötigt – ebenso wie die Wiesenknotameise, die sich um Raupen des Ameisen-Bläuling im Raupenstadium 4 kümmert, diese in ihren Bau trägt, wo sich die Raupen über den Winter von der Ameisenbrut ernähren, sich im Frühjahr verpuppen und den Bau verlassen (weil jetzt die Täuschnug der Ameisen nicht mehr funktioniert). Eine Symbiose zu dritt! Neben großen Beständen an Sumpfdotterblumen und Geflecktem Knabenkraut (blüht im Frühjahr), das zur Familie der Orchideen zählt und besonders streng geschützt ist, kann man viele Insekten und Tiere beobachten – beispielsweise die Blauflügel Prachtlibelle und die Zweigestreifte Quelljungfer, die seltene Wasseramsel ebenso wie den Eisvogel, neben Garten- und Siebenschläfern im Wald gelegentlich den Mittelspecht (kleiner als Buntspecht), im Wasser wurde auch das Bachneunauge nachgewiesen. Spaziergängern und Wanderern erschließt sich das Theißtal nach der Brücke mit mehreren Wanderwegen, die auch von anderen Startpunkten aus begehbar sind. Relativ kurz ist der Weg über den Vogellehrpfad direkt parallel zum Theißbach, der, vorbei an einigen privaten Tümpeln und der Hinweistafel auf die frühere Papiermühle (1855-1904), im Volksmund „Lumpenmühle“ genannt, zum Theißtal-Waldsee (Vereinsgewässer des Fischereivereins Niedernhausen e.V.) führt. Öffentlich begehbar ist nur eine Uferseite, ein Rundweg direkt um den See ist nicht möglich. Aber man kann ja weiteren absolut familientauglichen Wander- und Rundwegen (Unterer, Mittlerer und Oberer Theißtalweg) folgen, die etwas entfernter vom Bach sind, aber mit wenigen Höhenmetern rund ums Theißtal führen. Der Wald ist hier teilweise stark von Dürre und Borkenkäfern geschädigt, soll nach Auskunft des zuständigen Forstamts Chaussehaus aber durch Naturverjüngung unter Beachtung der Baumarten-Diversität möglichst klimastabil aufgeforstet werden. Die Wege führen durch lichten Wald, vorbei an der Theißwiese, man kann ebenso die Hohe Kanzel erreichen wie die Theißbachquelle. Naturfans und Wanderfreunde haben hier viele Möglichkeiten. (fms)

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