Interview mit Kristina Dyckerhoff

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‚Stine, jetzt bist Du dran‘

Foto: Frauke Volpert  

Der Name Dyckerhoff ist mit dem Wiesbadener Reit- und Fahr-Club eng verbunden. 1949 übernahm Wilhelm Dyckerhoff die Präsidentschaft des WRFC, 1992 trat Tochter Kristina in seine Fußstapfen. Ein Gespräch mit der Präsidentin zum 30-jährigen Amtsjubiläum… 30 Jahre WRFC-Präsidentin – wie fühlt sich das an? Kristina Dyckerhoff: Die Zeit ist unheimlich schnell vergangen. Wie bei allem gab es Höhen und Tiefen, aber das Positive hat in all der Zeit bei weitem überwogen. Nachdem unser Turnier nun zwei Jahre wegen der Pandemie und des Herpes-Ausbruchs ausfallen musste, freue ich mich umso mehr auf das LONGINES PfingstTurnier Wiesbaden 2022. In Ihrer Amtszeit haben Sie mit dem PfingstTurnier und dem WRFC schon viele Feste gefeiert – welche sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben.

Kristina Dyckerhoff: Oh, das ist schwer. In besonderer Erinnerung ist mir das 75. Jubiläum unseres PfingstTurniers im Jahr 2011 geblieben, als wir die große Steele auf dem Bowling Green vor dem Wiesbadener Kurhaus mitten in der Stadt eingeweiht haben – das war sehr feierlich. Und das 80. Jubiläum des Wiesbadener PfingstTurniers, das wir 2016 gefeiert haben, war auch ein ganz besonderes Erlebnis, nicht zuletzt, weil es mein Vater war, der das PfingstTurnier in den Schlosspark geholt hatte. Beim 80. Jubiläum zur Siegerehrung des Dyckerhoff-Preises mit meiner fast 100-jährigen Mutter und meinen Enkelkindern in der Kutsche auf den Platz fahren zu können – das war ein sehr spezieller Moment für mich.

Wie wird man WRFC-Präsidentin? Wacht man morgens auf und sagt sich: ‚Das will ich machen?‘

Kristina Dyckerhoff: (Lacht) Nein, ganz so war es nicht. Als 1987 mein Vater nach 35 Jahren WRFC-Präsidentschaft verstarb, übernahm Karlhanns Henn für ein Jahr das Präsidentenamt. Aber Karlhanns war Rechtsanwalt und Notar und hat das zeitlich nicht geschafft. Auf ihn folgte Toni Anspach. Bei der Jahreshauptversammlung 1992 kam Karlhanns zu mir und sagte: ‚Stine, jetzt bist Du dran.‘ Ich war ein bisschen überrumpelt und mein erster Gedanke war damals: ‚Kann ich das?‘ 30 Jahre später kann ich sagen: ‚Ja, ich kann das.‘ Learning by doing – so bin ich nach und nach immer mehr in das Präsidentenamt hineingewachsen, bekomme viel Anerkennung von allen Seiten, was ja auch gut tut (lacht), und vor allen Dingen mit der Unterstützung von unseren sehr guten Mitarbeitern, auf die ich mich absolut verlassen kann.

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Kristina Dyckerhoff inmitten ihrer neun Vorstandskollegen. Foto: Hennig  
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Kristina Dyckerhoff und ihr Team im Turnierbüro: v.l. Kristina Dyckerhoff, Bettina Renneissen, Friedericke Stritter-Arnds und Monika Lotz. Foto: Privat  

Was hat sich in den 30 Jahren Ihrer Präsidentschaft am meisten verändert.

Kristina Dyckerhoff: Unser Pfingst-Turnier und die Turnierlandschaft insgesamt. Vor 30 Jahren gab es noch nicht jedes Wochenende ein großes Turnier, jetzt sind an jedem Wochenende meist gleich mehrere internationale Turniere. Vor 30 Jahren haben wir noch viele Empfänge in meinem Elternhaus gefeiert, wir hatten beispielsweise jedes Jahr die Equipechefs der internationalen Reiter bei uns zu Gast. Das gibt es heute nicht mehr. Auch der finanzielle Rahmen hat sich total verändert. Mit dem Budget, das wir vor 30 Jahren hatten, kämen wir heute nicht mehr weit. Die Erwartungen an ein internationales Turnier sind von allen Seiten sehr viel größer geworden. Denken wir beispielsweise an die veterinärmedizinischen Konzepte oder an das Sicherheitskonzept, das Hygienekonzept. Auch ein Räumungskonzept für den Notfall braucht eine Veranstaltung wie das PfingstTurnier. Deshalb haben wir unseren Vorstand inzwischen auf zehn Personen ausgeweitet, um das ständig wachsende Aufgabenspektrum stemmen zu können.

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Einfahrt auf den großen Springplatz: Kristina Dyckerhoff auf dem Kutschbock, in der Kutsche ihre Familie mit Mutter Veronika. Foto: Deutschmann

Stichwort Vorstand – arbeitet der gesamte Vorstand, inklusive Ihnen, immer noch ausschließlich ehrenamtlich?

Kristina Dyckerhoff: Genau so ist es. Und darauf bin ich wirklich stolz. Wir haben es gemeinsam geschafft, unser Turnier immer weiter zu entwickeln, so dass wir im internationalen Chor der Veranstalter unseren Platz behaupten – und das aus der Kraft des Ehrenamtes, das gibt es sehr selten. Das geht nur mit einem absolut engagierten Team. Dazu komm das super Team im Turnierbüro und natürlich unsere Sponsoren und Partner, die uns fantastisch unterstützen, einige wie die Sektkellerei Henkell schon vom ersten Turnier 1939 an. Die Stadt Wiesbaden und das Land Hessen stehen auch voll hinter uns. Das alles zusammen verleiht sehr viel Energie und macht einfach Spaß.

Es gibt einen Kollegen, der genauso lang wie Sie zum Vorstand gehört…

Kristina Dyckerhoff: Ja, das stimmt, das ist Uli Schneider, der auch 1992 in den Vorstand gewählt wurde. Mit sehr viel Engagement und Ideenreichtum hat er die Wiesbadener PferdeNacht entwickelt, die unser Turnier sehr bereichert. In diesem Jahr feiert die PferdeNacht schon ihren 28. Geburtstag.

Sie haben vor ihrer Präsidentschaft schon viel Erfahrung mit und im Wiesbadener Reit- und Fahr-Club gesammelt…

Kristina Dyckerhoff: Ich habe tatsächlich im WRFC bzw. beim Pfingst-Turnier schon viele Jobs zuvor gemacht. Bevor ich Präsidentin wurde war ich Geschäftsführerin. So war ich schon damals täglich im Büro und voll involviert in die Vorbereitungen zum PfingstTurnier. Deshalb war die Übernahme der Präsidentschaft sechs Wochen vor Turnierbeginn überhaupt nur so möglich. Und ansonsten kann ich sagen: Ich habe alles von der Pike auf gelernt – vom Schleifenmädchen über das Schreiben von Dressurprotokollen, die Mithilfe im Clubzelt bis hin zur Leitung der Pressestelle – ich war überall mal im Einsatz.

Zum Abschluss: Was ist Ihr absoluter Lieblingsmoment beim PfingstTurnier?

Kristina Dyckerhoff: Das war früher die Jagdpferdeprüfung, die morgens um 7.00 Uhr im Schlosspark stattfand. Das war herrlich, die Pferde durch die morgendliche Parkstimmung galoppieren zu sehen. Seit es diese Prüfung nicht mehr gibt, weil wir ja nun die internationale Vielseitig in Wiesbaden haben, ist die Siegerehrung des Großen Preises mein Lieblingsmoment, wenn ich ein bisschen erschöpft, aber stolz und fröhlich auf vier tolle Turniertage zurückblicken kann – obwohl ich im selben Moment natürlich auch immer ein bisschen traurig bin, dass es schon wieder vorbei ist.

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